Unternehmensgeschichte des Hahnenbräu

 
Die Ursprünge des Hahnenbräu, zumindest die des Gebäudes selber, gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück. In dieser Zeit gehörte das Gebäude der Kölner Familie Hardelust. Die nächste Erwähnung stammt erst wieder aus dem 19. Jahrhundert. Im Jahr 1815 verlagert Michael Joseph Frantzen seine schon länger bestehende Brauerei „Im Kaiser“ von der gegenüberlegenden Straße in eben dieses Gebäude in der Hahnenstraße 43. Ab 1838 gibt es gesicherte Daten aus Brauereiverzeichnissen. In eben diesem Jahr taucht die Brauerei als „Brauerei Franz Conzen“ auf.
Diese Firmierung hatte für Kölner Verhältnisse lange bestand, nämlich 34 Jahre. Am 18. Oktober 1871 stirbt Franz Conzen und sein Sohn Ambrosius übernimmt die Brauerei, welche ab 1872 als „Brauerei Ambrosius Conzen“ firmiert. Dieser führt die Brauerei 23 Jahre, bis im Jahr 1895 Heinrich Abels die Brauerei übernimmt und diese fortan als „Brauerei Mathias Heinrich Abels“ betreibt.
Zehn Jahre später erfolgt der nächste Besitzerwechsel, Peter Josef Maaßen übernimmt die Brauerei und die Firmierung ändert sich entsprechend. Für heutige Kölner Verhältnisse unfassbar: Peter Josef Maaßen war nicht nur Düsseldorfer sondern auch der erste Präsident der „Großen Karnevalsgesellschaft 1890 Düsseldorf e.V.“
Beim nächsten Besitzerwechsel im Jahr 1918 kommt zum ersten Mal der Name „Hahnenbräu“ ins Spiel. Paul Peter übernimmt die Brauerei und benennt sie in „Obergärige Brauerei Hahnenbräu, Paul Peter“, in Anlehnung an die Lage an der Hahnenstraße, um.
In seinem Buch über Kölner Kneipen aus dem Jahr 1921 beschreibt Lambert Macherey die Brauerei wie folgt [8]:
„... Im selben Stile wurde das Hahnenbräu, Hahnenstraße 43 (Inhaber Brauereibesitzer Peter), vom Vorsitzenden der auf ein mehr als 500-jähriges Alter zurückschauenden Peter-von-Mailand- Brauer Corporation Ambrosius Conzen geführt, an dessen Stammtisch der rabiate Doktor Sticker, eine allbekannte Kölner Persönlichkeit, wie der Professor Kreuter vom Jesuitengymnasium eine große Rolle spielten. Den guten Doktor konnte man höllisch "auf den Trab" bringen, wenn man ihn als Direktor vom "Leichenbräu"-Stammtisch anredete - so heißt nämlich im Kölner Volksmund das Hahnenbräu, weil bis zur Entfestigung Kölns im Jahre 1881 sämtliche Begräbnisse über die Hahnenstraße am Brauhaus vorbei durch die "Hahnepooz", eine der noch erhaltenen der leider meist niedergelegten Torburgen der mittelalterlichen Umwallung, nach Melaten zogen, bis Ende der 90er Jahre der einzige große Kölner Friedhof erbaut wurde. Von dieser Torburg sang in den 80er Jahren mit Anspielung auf den verschwundenen berüchtigten Hahnenwall ein Faschingsschlager jener Tage: "Wat nötz uns noch de Hahnepooz, de "Höhner" die sin fott!"…“
Der Artikel spielt auf die Lage der Brauerei an. Viele Trauerzüge zum und vom Melaten-Friedhof kamen zwangsweise an dem Brauhaus vorbei und kehrten hier ein. Es wird auch kolportiert, dass sich Wirte als vermeintliche Freunde unter die Trauerschar mischten, um den Leichenzug in ihr Lokal zu lotsen.
In einer Beilage des Kölner Tageblattes vom 15. Dezember 1929 wird die Brauerei wie folgt geschildert [7]:
An einer der wichtigsten Torstraßen des alte Köln, an der Hahnenstraße, liegt, wenn man vom altehrwürdigen Hahnentor her das Stadtinnere betritt, gleich rechts, die Nr. 43 ein Brauhaus, dem man in der sonst unschönen modernen Häuserflucht schon von weitem seine alte gediegene Behäbigkeit ansieht, das bei Kölnern und Auswärtigen seit langen Jahrzehnten beliebte "Hahnen-Bräu". Daß es seine Geschichte, seine Chronik hat, zeigt schon das Aeußere dieses breit gelagerten Hauses mit seinen Doppelgiebeln des 15. Jahrhunderts. Allerdings ist seine Geschichte bedeutend älter, als die Kunstsprache seiner Giebel bekundet. Bis in die älteste Zeit der Hahnenstraße muß man zurückgreifen um Licht in die Vergangenheit dieses uralten stattlichen Anwesens zu bringen. Seit dem 14. Jahrhundert lag hier der Besitz der Familie Hardelust. Im Jahre 1815 hat Michael Joseph Frantzen seine gegenüber gelegene seit 1500 bestehende Bierbrauerei "Im Kaiser" hierhin verlegt, die im Jahre 1887 von Franz Conzen übernommen worden ist. Dessen Sohn Ambrosius führte den Betrieb von 1873 - 1893 fort, ihm folgten von 1896 - 1905 Matthias Abels und 1905 bis 1919 Joseph Maaßen. Seit 1920 ist Paul Peter Besitzer des "Hahnenbräues", das er nach erfolgtem durchgreifenden Umbau im alten Sinne, aber in moderner Form weiterführt. Das Haus ist besonders bei den großen Kölner Verbänden und Vereinen ebenso angesehen wie beliebt. Seine Küche ist als ganz vorzüglich bekannt.
Gebraut wurde nicht nur für das Brauhaus selbst, es gab nicht weniger als 8 „Spezialausschankstätten“ und es wurde auch eine Flaschenbierhandlung beliefert.
Nach dem Tod von Paul Peter im Jahr 1931 betrieb seine Witwe das Brauhaus noch 3 Jahre weiter („Obergärige Brauerei Hahnenbräu, Wwe. Paul Peter“).
Im Jahr 1934 wurde das Gebäude wegen einer Verbreiterung der Hahnenstraße abgerissen und an den Rudolfplatz verlagert. Dort wurde es von 1934 an als „Obergärige Brauerei Hahnenbräu, Paul Peter“ betrieben und 1941 in eine offene Handelsgesellschaft umfirmiert („Obergärige Brauerei Hahnenbräu OHG, Paul Peter“). Ob am Rudolfplatz noch selbst gebraut wurde ist unklar.
Im Jahr 1944 wurde die Brauerei bei einem Bombenangriff der Alliierten völlig zerstört.
Nach dem Krieg wurde das Brauhaus im Jahr 1952 als Gaststätte am Rudolfplatz wiedereröffnet. Gebraut wurde nicht mehr selbst, das Kölsch wurde während dieser Zeit als Lohnsud von der Römer-Brauerei aus Bergheim-Thorr bezogen. Im Jahr 1958 wurde das Brauhaus endgültig geschlossen.

Firmierungen:
Zeitraum Firmierung Anmerkung
1815 – 1838 Michael Joseph Frantzen Hahnenstraße 43
1838 – 1872 Brauerei Franz Conzen  
1872 – 1895 Brauerei Ambrosius Conzen  
1895 – 1905 Brauerei Mathias Heinrich Abels  
1905 – 1918 Brauerei Peter Josef Maaßen  
1918 – 1931 Obergärige Brauerei Hahnenbräu, Paul Peter  
1931 – 1934 Obergärige Brauerei Hahnenbräu, Wwe. Paul Peter  
1934 – 1941 Obergärige Brauerei Hahnenbräu, Paul Peter  
1941 – 1944 Obergärige Brauerei Hahnenbräu OHG, Paul Peter  
1952 – 1958 Hahnenbräu, Wwe. Paul Peter  
 

Historische Bilder
(PK001)
Brauerei für Obergäriges Bier "Hahnenbräu"
von Josef Maassen, Hahnenstasse 43.
Telephon 2703. Gelaufen 1909
(Firmierung von 1905 - 1918)
(Sammlung Hildner)
(W005) [6]
Werbeanzeige der Brauerei aus dem Jahr 1926
(W001)
Anzeige aus dem Jahr 1929. Aufgelistet werden auch alle 8 Gaststätten, die von Hahnenbräu beliefert werden sowie ein Bierverleger
(unbekannte Sammlung)
(PK002)
Brauerei für Obergäriges Bier "HAHNENBRÄU"
Josef Maassen, Hahnenstasse 43
(gelaufen 1913)
 
(PK002D)
Die aufwendig mit Glas-Bildern und Glasstrukturen gestaltete Wand des Brauhauses hin zum Biergarten ist schon einen zweiten Blick wert. Auch imposant, nicht weniger als 9 Köbesse kümmern sich um das Wohl der Gäste (Detailvergrößerung von PK002).
 
(W002)
Papp-Werbeschild
(unbekannte Sammlung)
 
(W004) [8]
Werbeanzeige aus dem Jahr 1921
 
(PK005) [14, Sammlung Ippen]
Postkarte mit Blick in den Gartensaal der Brauerei, gelaufen im Jahr 1915
(PK004) [14, Sammlung Ippen]
Postkarte der "Brauerei für Obergäriges Bier "Hahnenbräu", gelaufen im Jahr 1931
 
(PK003) [unbekannt]
Brauerei für Obergäriges Bier "Hahnenbräu"
 
(F002) [13]
Foto der Brauerei für Obergäriges Bier "Hahnenbräu" um das Jahr 1920. Gut ist die Lage kurz vor dem Hahnentor zu erkennen
 
(F001) [10]
Foto der Brauerei für Obergäriges Bier "Hahnenbräu" aus dem Jahr 1930
 
(F003) [unbekannt]
Foto der Brauerei für Obergäriges Bier "Hahnenbräu", vermutlich Ende der 1920er Jahre. Das Foto ist von August Sander, einem bedeutenden und über Deutschland hinaus bekannten Fotografen
 
[11, 01.07.1920]
Anzeige von 10 Kölner Hausbrauereien aus dem Jahr 1920. Nach dem ersten Weltkrieg darf wieder Vollbier gebraut werden
(W006) [12, 1954]
Werbung des Hahnenbräu aus dem Jahr 1954
(100) [17.09.1920]
Anzeige des "Vereins obergäriger Hausbrauereien" aus dem Jahr 1920. Dank Auslandsmalz ist wieder Vollbier verfügbar. Der Verein gleicht einem Kartell, alle 25 Brauereien haben die gleichen Preise
[12, 29.03.1936]
Anzeige der Werbe-Gemeinschaft Kölner Haus-Brauereien aus dem Jahr 1936

                                     

 

Anmerkungen
» Ambrosius Conzen, welcher die Brauerei von 1872 bis 1895 führte, war lange Jahre Präsident der Peter von Mailand Bruderschaft, der im Jahr 1396 gegründeten und noch heute existierenden Handwerkergemeinschaft bzw. „Cölner Brauer-Corporation“
» Beim Gebäude der Brauerei handelte es sich um ein Doppelhaus mit zwei Giebeln und einem spitzen Dach aus dem 18. Jahrhundert. Den geschnitzten spätbarocken Kranbalken schmückte die Figur eines Mannes, welcher sich selbst würgte. Der Kranbalken befindet sich heute im Kölnischen Stadtmuseum.
» Außer Postkarten und der abgebildeten Flasche sind keinerlei Werbemittel wie Gläser oder Krüge bekannt
 
 

Historische Brauereiwerbemittel der Brauerei
Gläser
(002)
vermutlich 0,25 l geeicht
(Sammlung Mühlens) 
(001)
0,25 l geeicht

Bierdeckel
(003)
vermutlich aus den 1930er Jahren
(unbekannte Sammlung) 
(001)
1950er Jahre
 
(002)
1950er Jahre
 

Flaschen   (Details zur jeweiligen Flasche durch "Klick" aufs Bild)
     
(150)      
ca. 0,5l      

Informationen aus Brauereiverzeichnissen
1898 Abel, Math. Heinr., Hahnenstr. 43
1910 Maassen, Pet. Jos., Hahnenstr. 43
1939 "Hahnenbräu", Paul Peter Wwe., Köln, Hahnenstraße 43
Das Unternehmen gehört an: Reichsinnungsverband des Brauer- u. Mälzerhandwerks, Berlin - Brauer- u. Mälzer-Innung Rheinland.
 
 
 
Quellen
1 Historisches Verzeichnis alter Biergläser/Krüge aus dem Köln/Bonner Raum, Hrsg.: Wolfgang Wukasch
2 Greven's Adressbuch von Köln, Jahrgänge 1964, 1965, 1966, 1967, 1971, 1972
3 Adressbuch für die gesamte Brau-Industrie Europas, Band I: Deutschland, 1898, Verlag von Eisenschmidt & Schulze, Leipzig
4 Adressbuch für die gesamte Brau-Industrie Europas, Band I: Deutschland, 8. Jahrgang, 1910, Verlag von Eisenschmidt & Schulze GmbH, Leipzig
5 Die Brauereien und Mälzereien im Deutschen Reich 1939-40, 38. Auflage, 1940, Verlag Hoppenstedt & Co., Berlin
6 „Köln“ aus der Reihe Deutschlands Städtebau, Verlag DARI (Deutscher Architektur- und Industrie-Verlag) Berlin-Halensee, 1926
7 "Trinkt Kölner Bier - Quer durch Kölner Brauhäuser", Artikel einer Sonderbeilage des Kölner Tageblattes vom Sonntag den 15. Dezember 1929
8 "Kölner Kneipen im Wandel der Zeit (1846 bis 1921), Lambert Macherey, 1921, Selbstverlag
9 Wikipedia (www.wikipedia.de), Stichwort "Hahnenstraße", abgerufen am 13.11.2020
10 "Kölsche Bier- und Brauhäuser", Franz Mathar & Rudolf Spiegel, Greven Verlag Köln, 1989
11 Rheinische Volkswacht, Ausgabe 01.07.1920
12 Zeitschrift "Der Neue Tag", Ausgabe 29.03.1936
12 Greven's Kölner Adreßbuch,1954, Greven's Adressbuch-Verlag KG., Köln, Wyerstr. 19
13 Rheinisches Bildarchiv, https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05701587/rba_062764
14 Sammlung Kölner Postkarten von Detlef Ippen, www.post.koeln