Unternehmensgeschichte der Brauereien Barion / Roos / Mösch in Brühl

 
Die Familie Barion betrieb vermutlich zuerst eine Gastwirtschaft und stieg erst später in das Braugewerbe ein. Der erste Nachweis stammt aus dem Jahr 1840. Im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Köln [5] ist zu lesen, dass „… am Montag den 11. Januar des Jahres 1841, des Morgens um 10 Uhr, zu Brühl im Hause des Wirthes Bertram Barion zur öffentlichen Versteigerung ausgesetzt und so weit die Tare erreicht wird, dem Meistbietenden zugeschlagen werden …“. In Gasthaus des Wirtes Bertram Barion fand also eine Versteigerung statt, Gegenstand der Versteigerung waren 9 Grundstücke, meist Ackerland in der Umgegend von Brühl. Eine weitere Holz-Versteigerung findet im Jahr 1847 „… beim Gastwirthen Herrn Barion in Brühl …“ statt [5]. Ein weiteres Lebenszeichen gibt es im Jahr 1862. Bertram Arnold Barion taucht in einer Liste von insgesamt 519 Wahlmänner auf, die „… in Brühl 3 Vertreter zum Hause der Abgeordneten zu wählen haben…“ [4]. Auch hier wird Bertram Arnold Barion noch als Gastwirth bezeichnet, obwohl in den Brauereiverzeichnissen ab dem Jahr 1861 die „Brauerei B. A. Barion“ in der Tiergartenstraße verzeichnet ist.
Auf der unten aufgeführten Anzeige (WB001) ist zu lesen: „Die Lagerbier Brauerei B. A. Barion, Brühl und Niedermendig … seinen Biere, prämiert auf der Ausstellung des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen zu Kreuznach“. Diese Ausstellung fand vom 21. Bis 24 September 1862 in Kreuznach statt. In den Brauereiverzeichnissen ist allerdings keine entsprechende Braustätte in Niedermendig dokumentiert, wie auf der Anzeige angegeben.
Bertram Arnold Barion war mit Anna Catharina Barion, geb. Jacobi verheiratet. Vermutlich hatte sie beträchtliches Vermögen mit in die Ehe gebracht, wie die „außergerichtliche Teilungssache“ nach ihrem Tod vermuten lässt. Im Amtlichen Kreisblatt für den Kreis Schleiden vom 6. Mai 1870 [6] ist folgendes zu lesen: 
„… Licitatation (Anm.: veraltet für Versteigerung). In der außergerichtlichen Theilungssache und auf Anstehen von
a. Herrn Bertram Anrold Barion, Wittwer von Anna Catharina Jacobi, Bierbrauerei-Besitzer und Gestwirth, zu Brühl wohnhaft, als Hauptvormund der mit seiner verlebten Ehefrau gezeugten, bei ihm gewerblos wohnenden drei noch minderjährigen Kinder Anna Maria, Heinrich und Margaretha Barion;
b. Herr Aloys Barion, Bierbrauer zu Brühl, in eigenem Namen und als Nebenvormund der hiervor genannten drei Minorennen;
c. Herrn Joseph Barion, früher zu Brühl, gegenwärtig Handlungs-Commis zu New-York in Nord-Amerika wohnend;
d. Fräulein Helena Philippina Barion,
e. Fräulein Anna Catharina Barion und
f. Fräulein Brigitta Barion, diese 3 ohne Gewerbe zu Brühl wohnend.
wird der unterzeichnete zu Blankenheim wohnende Königliche Notar Carl Maria Hubert Strassweg auf Grund Rathskammerbeschlusses des Königlichen Landgerichtes zu Cöln vom 17. Februar 1870, am Montag den 30. Mai 1870, Vormittags 9 Uhr, in dem Wirthschaftslocale des Gastwirthen Servatias Eißig zu Weyer, die folgenden, in den Gemeinden Weyer und Bassem, Kreises Schleiden, gelegenen Immobilien für die beigefügten Taren zum Verkaufe an den Meist- und Letztbietenden öffentlich ausstellen, nämlich: …“.
Es folgt eine Liste mit nicht weniger als 57 Grundstücken. Es darf spekuliert werden, dass es sich um eine Erbstreiterei gehandelt hat und einige Erben Bares wollten. Es spiegelt aber auch das enorme Vermögen der Familie Barion wider.
Im Jahr 1876 gab Bertram Arnold Barion die Führung der Brauerei an Bertram Barion ab, was auch zu einer Umfirmierung in „Brauerei Bertram Barion“ führte.
Im Dezember 1881 gründeten dann 5 Barion-Geschwister die Firma „Geschwister Barion“. Die folgende Bekanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger [7] sagt allerdings nichts über den Geschäftszweck aus:
Cöln. Auf Anmeldung ist heute in das hiesige Handels- (Gesellschafts-) Register unter Nr. 2338 eingetragen worden die Handelsgesellschaft unter der Firma: "Geschwister Barion", welche ihren Sitz in Brühl und mit dem 16. November 1881 begonnen hat. Die Gesellschafter sind:
1) Helena Barion, ohne Geschäft, zu Brühl,
2) Brigitta Barion, ohne Geschäft, daselbst,
3) Margaretha Barion, ohne Geschäft, daselbst,
4) Heinrich Barion, Bierbrauer, in Brühl, und
5) Aloys Barion, Bierbrauereibesitzer, zu Wüschheim, im Kreise Rheinbach, wohnend,
und daß nur die Gesellschafter Heinrich Barion und Aloys Barion, und zwar in Gemeinschaft, berechtigt sind, die Gesellschaft zu vertreten. Cöln, den 24. November 1881.
Allerdings war dies nur ein kurzes Intermezzo, 2 Jahre später, am 21. November 1883, wurde die Gesellschaft wieder aufgelöst. Interessant zu sehen ist die Karriere von Aloys Barion. Mittlerweile war er Bierbrauerei-Besitzer zu Wüschheim, vermutlich hatte er sein Erbe gut investiert. In Wüschheim / Großbüllesheim betrieb ein Zweig der Familie Barion gesichert seit 1870, vermutlich aber schon wesentlich länger, eine Brauerei. Zu dieser Zeit firmierte die Brauerei in Großbüllesheim als „Brauerei und Gasthof Gebr. Barion“, ab dem Jahr 1895 tauchte dann Aloys Barion auch in der Firmierung auf („Brauerei M. J. Barion, Inh. Aloys Barion“).
Im Jahr 1888 übernahm Anton Roos die Brauerei in Brühl und diese firmierte fortan als „Brauerei Anton Roos“. Anton Roos war kein Unbekannter in der Brühler Brau-Szene, er führte seit 1874 die „Brauerei zum Vorgebirge, Anton Roos“, welche allerdings im Besitz von Friedrich Giesler war.
Anton Roos starb im Jahr 1902. Friedrich Giesler trat nun selber bei der ihm gehörenden Brauerei zum Vorgebirge in Erscheinung („Friedrich Giesler’sche Brauerei zum Vorgebirge“) und die ehemalige Barion Brauerei in der Tiergartenstraße wurde von Peter Moesch übernommen, welcher die Firmierung in „Obergärige Bierbrauerei Peter Moesch“ änderte.
Peter Moesch führt die Brauerei bis ins Jahr 1920, zu Schluss allerdings nur noch als Restauration, die eigene Brautätigkeit wurde vermutlich schon vor dem ersten Weltkrieg eingestellt.
Von 1920 bis 1936 wird die Restauration von Ferdinand Wirtz geführt, ab 1936 dann von Max Drezus. Schon damals ist eine breite Palette an Bieren im Ausschank. Ende der 1930er Jahre sind dies „Giesler Bräu“, „Dortmunder Ritter-Bier“ und „Zensen Kölsch“, ein paar Jahr später, im Jahr 1944, "Giesler-Bräu", "König Pilsener" und Kölsch aus der "Barbarossa Brauerei F. Creischer".
Im Dezember 1944 wird das Gebäude in der Tiergartenstraße bei einem Alliierten Bombenangriff auf Brühl völlig zerstört und nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut. Im Jahr 1953 wird auf dem Grundstück die heute noch existierende Hauptstelle der Brühler Bank eG errichtet.

Firmierungen:
Zeitraum Firmierung Anmerkung
1861 – 1876 Brauerei B. A. Barion Brühl, Tiergartenstraße
1876 – 1888 Brauerei Bertram Barion  
1888 – 1902 Brauerei Anton Roos  
1902 – 1920 Obergärige Bierbrauerei Peter Moesch Eigene Brauerei bis ca. 1914
1920 – 1936 Brauerei Ferdinand Wirtz Keine eigene Braustätte, nur Restauration
1936 – 1944 Restauration Max Drezus  
 

Historische Bilder
(WB001) [unbekannt]
Werbeanzeige der Brauerei "B. A. Barion" aus dem Jahr 1862
 „Die Lagerbier Brauerei B. A. Barion, Brühl und Niedermendig … seinen Biere, prämiert auf der Ausstellung des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen zu Kreuznach“
(RR001) [unbekannt]
Rechnungskopf der Export-Bierbrauerei Anton Roos aus dem Jahr 1895. Vermutlich handelt es sich um die Brauerei in der Tiergartenstraße, es könnte auch die Brauerei zum Vorgebirge in der Uhlstraße sein
 
(W002) [8]
Anzeige von Anton Roos für seine Exportbierbrauerei und Eisfabrik aus dem Jahr 1897, wobei Eigentümer der Brauerei Friedrich Giesler war
(PK001) [2]
Postkarte der "obergärigen Bierbrauerei von Peter Moesch" aus dem Jahr 1910
(F026) [3]
Foto der Restauration von Max Drezus in Brühl, vermutlich aus den späten 1930er Jahren. Das Schild "Obergärige Bierbrauerei erinnert noch an die Zeiten, als hier die Barion-Brauerei ansässig war. Im Ausschank sind Giesler Bräu, Dortmunder Ritter-Bier und Zensen Kölsch
(F027) [3]
Foto der "Gaststätte Drezus" aus dem Jahr 1941. Das Angebot hat sich gegenüber F026 geändert. Außer weiterhin "Giesler-Bräu" sind jetzt "König Pilsener" und Kölsch aus der "Barbarossa Brauerei F. Creischer" im Ausschank.  
 
 

Übernommene / Vorgänger- / Nachfolger - Brauereien:
In der nachfolgenden Tabelle sind alle Brauereien aufgeführt, welche Übernommen wurden, Vorgänger- oder Nachfolge-Brauereien waren oder zu denen es einen andern Bezug gibt. Für manche dieser Brauereien gibt es auf dieser Website eine eigene Brauereihistorie, welche über den angegebenen Link aufgerufen werden kann.
Brauerei von - bis / übernommen von / Anmerkungen Brauereihistorie
Brauerei zum Vorgebirge, Anton Roos 1874 - 1902. Anton Roos führte die Brauerei zum Vorgebirge parallel zu seiner eigenen Brauerei. Die Brauerei zum Vorgebirge gehörte aber nie Anton Roos, sondern Friedrich Giesler.
 

Informationen aus Brauereiverzeichnissen
1898 Roos, Ant.
1910 Moosch, Peter
Anm.: nur obergäriges Bier
 
 
 
Quellen
1 Historisches Verzeichnis alter Biergläser/Krüge aus dem Köln/Bonner Raum, Hrsg.: Wolfgang Wukasch
2 https://brauerei-postkarten.blogspot.com/2018/11/moesch-bruhl.html
3 "Biergeschichte zwischen Rhein und Erft", Dr. Helmut Wirges, Bienen-Verlag-Bachem, 1994
4 "Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Köln" vom 05.05.1862
5 "Amtsblatt für den Regierungsbezirk Köln", Ausgaben 1840 und 1847
6 "Unterhaltungsblatt und Anzeiger für den Kreis Schleiden und Umgebung, Amtliches Kreisblatt", Ausgabe 06.05.1870
7 "Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger", Berlin, Ausgaben vom 07.12.1881 und 05.12.1883
8 Adressbuch der Stadt Brühl, 1897